Článek od Ulricha Tomaschewského o MUM 2020.
Laufen in Zeiten von Corona
MUM in Lomnice, Tschechische Republik 05. bis 11. Juli 2020
Corona Auswirkungen
Am 16. Januar 2020 hatte ich mich zum MUM angemeldet und war damals guter Dinge. Dann kam ab Mitte März Corona mit dem Shut Down und alles in Deutschland wurde gestoppt. Nun es war noch einige Zeit hin bis Juli, somit wurde die Teilnahme zum MUM in den Hintergrund geschoben. Da war der Comrades am 14. Juni, für den ich mich intensiv vorbereitete. Leider umsonst, denn die erste Meldung aus Südafrika den Lauf auf einen späteren Termin im Jahr zu verschieben folgte dann eine endgültige Absage. Ich hatte regen Mailaustausch mit Michael Kiene vom 100 Marathon Club zum MUM. Die sich ständig ändernden Meldungen zu den Corona Verordnungen auf Tschechien bezogen wurden intensiv verfolgt. Dann Anfang Juni die Info, ab dem 15. Juni gibt es für Tschechien eine uneingeschränkte Einreise für Deutsche. Am 2. Juli kam eine Mail der MUM Organisation mit der Zusage, dass der Lauf stattfindet und mit Hinweisen zu den Corona Einschränkungen. Damit war alles in trockenen Tüchern. Die Anreise konnte somit erfolgen.
Die Anreise
Am Samstag, den 4. Juli nach dem Frühstück ging es dann los in Richtung Lomnice. Erfreulicherweise war das Verkehrsaufkommen schwach und auch der befürchtete Verkehrsstau um Nürnberg blieb aus. Also tuckerte ich gemütlich auf der Autobahn. Noch ein Stopp beim Rasthof Illschwang eingelegt zum Kauf einer Vignette und zum Tanken. Auch in Tschechien war der Verkehr fließend, jedoch gab es unzählige Baustellen. Lediglich bei Pilsen und Prag war dichter Verkehr ohne Stau. Am frühen Nachmittag war ich am Ziel der Schule in Lomnice. Wie in der Infomail angekündigt, wurde um die Schule herum fleißig gebuddelt. Die Zufahrtsstraße war bereits zum Teil aufgerissen. Also erst mal Parken und die Lage sichten.
Einzug ins Quartier
Es war bereits meine fünfte Teilnahme beim MUM und somit Ortskenntnisse vorhanden. Rein in die Schule 2. Stock, Klassenzimmer 10. Hurra ich traf auf bekannte Gesichter. Michael Kiene, Ulrich Heitfeld und Uwe Laig. Als besonderen Service hatten die bereits eine Luftmatratze für mich bereitgelegt. Das sollten nun für die nächsten 7 Tage meine „Klassenkameraden“ sein. Zurück zum Auto wurde ausgepackt und das Lauflager eingerichtet. Das Auto wurde noch umgeparkt, wir durften dieses Jahr auf dem Sportplatz direkt an der Schule parken. Das waren kurze Wege. Die Stimmung war gut und wir freuten uns auf den Beginn am Sonntag. Immerhin die vier Läufer im Raum hatten zusammen 2.183 Marathon / Ultras auf dem Zähler!
Startunterlagen und Tagesablauf
Ab 18:00 Uhr fand die Ausgabe der Startunterlagen im Erdgeschoß der Schule statt. Da waren wir erstmalig Coronamäßig gefordert. Wir Deutschen noch stark mit Abstand. Die Tschechen sehen das allerdings viel lockerer, akzeptieren aber unser Verhalten. Das deutsche Kontingent an Läufern war dieses Jahr gering. Das lag vermutlich an der Verunsicherung durch Corona und zum Teil auch daran das ein Training für diesen Etappenlauf nicht erfolgt ist. Die Ausgabe der Startunterlagen erfolgte zügig. Tüte mit Startnummer, Medaille, Funktionsshirt und noch ein paar Kleinigkeiten wurden übergeben.
Der Tagesablauf war dieses Jahr verändert. Da auch in der Schule renoviert wurde, fand das Mittagessen nicht in der Schulkantine statt. Mittagessen und Abendessen gab es in einer Wirtschaft in der Nähe, das Frühstück weiterhin in der Schule. Auch die Abfahrtzeiten vom Bus zu den Startorten waren früher als in den Vorjahren. Somit gab es ab 7:30 Uhr Frühstück, um 10:45 Uhr Mittagessen und gegen 21:00 Uhr das Abendessen. Die Zeit zum Abendessen war abhängig davon wieviel Zeit der Lauf benötigt. Ich bin ja eher der Schleicher, aber es gibt bis 22:00 Uhr zu Essen.
Tag 1 – Lomnicka Etappe
Die Laufstrecken an den 7 Tagen sind ähnlich, immer 43 Kilometer mit ca. 1.000 Höhenmeter. Der Unterschied in der Streckenführung ist aber erheblich. Von Landstraße über Feld-, Wiesen- und halsbrecherischen Waldwegen alles vorhanden.
Am ersten Tag erfolgt der Start von der Schule aus. Eine große Runde. Der Start ist für alle um 14:00 Uhr vorgesehen. Allerdings können langsamere Läufer bereits um 13:30 Uhr starten. Das hatten einige Läufer und auch ich so angemeldet. Wir nannten uns von da an die „Schneckengruppe“ und wurden bei jedem Start auch so vom Starter ins Rennen geschickt. Der hatte sichtlichen Spaß dabei und wir auch. Bei der ersten Etappe geht es nach 300 Metern gleich steil bergauf, für mich und die anderen Schnecken heißt das gehen. Oben angekommen geht es auf Feldwegen gut zu laufen um dann halsbrecherisch einen Hang irgendwie hinunter zu kommen. Gut das im Hang viele Bäume stehen, das sind die Retter in der Not. Untern angekommen geht es auf einem Waldweg weiter, der dann in eine kleine asphaltierte Straße übergeht. Es geht leicht bergab, herrlich zu Laufen. Bei Kilometer 7 angekommen ziehen schon die ersten Läufer vom 14:00 Uhr Start vorbei. Bei Kilometer 8,3 ist die erste Verpflegung Corona bedingt gibt es keine Becher. Wir haben mit den Startunterlagen einen Becher bekommen den wir nun zu benutzen haben. Alternativ sind Trinkrucksack oder Trinkflasche zugelassen Da ich mit einer Trinkflasche laufe, nutze ich nur jeden zweiten VP. Schön ist, dass bei jedem VP der Läufer registriert wird und das online verfolgt werden kann. Natürlich auch im Nachgang um seinen Lauf nochmals zu analysieren. Vor dem Start bekommt jeder Läufer eine Karte über den Streckenverlauf und darin eingetragen auch die VP’s. Diese sind gut bestückt mit Wasser, Cola, Iso, Obst, Kekse, Schokolade und Nüssen. Die Helfer waren extrem freundlich und immer guter Laune, wie ich (meistens) auch. Um es gleich zu sagen, die erste Etappe ist für mich eine der schlimmsten. Es kommen nämlich noch ein paar gotteserbärmliche Grobschotter Abschnitte. Da kann ich nur vorsichtig gehen. Zum Schluss gibt es noch den steilen Anstieg an der Kirche, dann ist das Ziel nicht mehr weit. Nach 6:34:41 war ich im Ziel. Immerhin meine langsamste Zeit überhaupt auf dieser Etappe. Also kann ich mich nur noch steigern. Wir hatten auch einen warmen Tag mit 29 Grad dazu leichter Wind und bewölkt.
Tag 2 – Boskovicka Etappe
Wir fahren mit dem Bus zum Start nach Boskovice. Das Ziel ist wie jeden Tag die Schule in Lomnice. Vom Wetter sind es heute 22 Grad und bewölkt, also deutlich angenehmer. Allerdings ist der Streckenverlauf ähnlich wie am Vortag. Straße, Waldwege, Feldwege, und hoppelige Schotterwege. Dazu wie jeden Tag viel Natur mit einer herrlichen Aussicht in die Landschaft. Die „Schneckengruppe“ startet um 13:30 Uhr. Eine weitere Gruppe um 14:00 Uhr. Alle die unter 5 Stunden laufen dann um 15:00 Uhr. Somit werde ich auf der Strecke immer wieder durch die späteren Starter überholt. Das gibt etwas Abwechslung und die Bestätigung auf dem richtigen Weg zu sein. Insgesamt lief es aber besser wie auf der ersten Etappe. Mit 6:25:35 war das Ziel erreicht. 2016 bin ich mit 6:49:44 ins Ziel.
Tag 3 – Blanenska Etappe
Heute geht es mit dem Bus nach Blansko. Das Wetter hat sich nun bei 20 Grad mit Bewölkung eingependelt. Die Laufstrecken werden besser für mich, damit weniger Abenteuerwege als an den Vortagen. Trotzdem gibt es ein paar heftige Auf- und Abstiege. Als ich bereits im Zielort Lomnice angekommen bin verliere ich, warum auch immer, die Orientierung. Anstatt zur Schule zu Laufen geht es genau in die Gegenrichtung. Als ich an der Gaststätte vorbeilaufe in der es Mittag- und Abendessen gibt klingelt es noch immer nicht bei mir. Erst die lauten Rufe aus der Gaststätte lassen mich anhalten und den Fehler bemerken. Das Ziel ist nach 6:38:36 erreicht und damit Negativrekord für diese Etappe. Egal, Hauptsache angekommen.
Etappe 4 – Tisnovska Etappe
Auf nach Tisnov und damit die kürzeste Anfahrt zum Start. Die Schnecken nehmen das Rennen um 13:30 Uhr wieder auf. Temperatur bei 20 Grad und bewölkt. Nach 30 Minuten fängt es an zu regnen. Das wurde von den um 14:00 Uhr startenden folgendermaßen kommentiert: „Wenn die Schnecken rauskommen fängt es an zu regnen“. Vollkommen richtig an diesem Tag. Die Streckenführung geht in einem großen Bogen weg von Tisnov. Nach 31 Kilometern ist man wieder zurück im Ort und läuft Richtung Lomnice. Bei dieser Etappe sind zwei für mich schwierige Passagen zu bewältigen. Die erste ist ein langer steiler Abstieg in einer Rinne voller Steine und Wurzeln. Unten angekommen rechts abbiegen zum PV3 bei Kilometer 21. Auf dem Hangstück hat mich dann er erste Läufer, der ist 1,5 Stunden nach mir gestartet, überholt. Allein beim Zusehen wie der den Hang runtergebrettert ist wurde mir schon übel, unglaublich. Nach dem VP3 geht es schön eben, ich freue mich so über diesen Weg. Ständig fegen die Spitzenläufer vorbei und machen ordentlich Tempo. Das schöne geht auch mal zu Ende, denn jetzt kommt Klopper Nummer zwei. Es geht auf einem schmalen Weg, Wurzeln und richtig große Steine inklusive, leicht bergauf. Rechts neben dem Weg geht es 10 Meter steil runter zu einem Fluss. Diese Steine sind nicht ohne und zum Teil krabbele ich auf allen vieren rum. Zum guten Schluss rutsche ich noch auf dem Hosenboden die letzte Steinhürde runter. Unten angekommen gibt es zur Belohnung auch mal richtige Wege die gehen dann in einen asphaltierten Weg über und der ist ziemlich steil. Im Wald habe ich mich dann auch noch verlaufen, wurde aber durch nachfolgende Läufer glücklicherweise zurückgerufen. Wieder in Tisnov angekommen geht es in Richtung Lomnice. Um die 43 Kilometer voll zu kriegen gibt es noch eine halbe Ortsumrundung und das zu Ziel erreichen. Mit 6:52:54 komme ich endlich an. Wie sich am Ende herausstellt meine langsamste Zeit in diesem Jahr. Ich hatte unterwegs auch ziemliche Probleme und das Gefühl als wenn mir alle Energie aus den Beinen gezogen wurde.
Tag 5 – Olesnicka Etappe
Mit dem Bus nach Olesnice und um 13.30 Uhr schleichen die Schnecken los. Wetter wie am Vortag und ich fühle mich besser. Die Laufstrecke ist anspruchsvoll, aber die Laufwege sind mir angenehmer. Was bei den vorherigen Etappen schon auffiel war, dass es im Wald zum Teil noch sehr nass ist und die Waldarbeiter ordentlich Holz geschlagen haben. Die Abfälle, viele kleinere Äste und Holzreste liegen mitten im Weg. Da heißt es aufpassen um nicht einen Sturz zu riskieren. Das wäre mir fast gelungen, wenn sich nicht ein Ast in meinen Beinen verfangen hätte. Bedingt durch mein langsames Tempo und der zirkusreifen Seitwärtsrolle landete ich sanft auf dem Waldboden und konnte ohne bleibende Schäden weiterlaufen. Es lief trotz dem Sturz an diesem Tag besser und mit 6:14:33 war das meine schnellste Zeit.
Tag 6 – Bystricka Etappe
Auf nach Bystrice zur vorletzten Etappe. Diese hat gefühlt mehr Asphalt als Wald- und Wiesenwege. Die Höhenmeter sind aber auch hier zu laufen und die waren endlos lang. Das Wetter hat sich in sommerliche 30 Grad gewandelt und kam erschwerend dazu. Die langsamsten zuerst und die Schneckengruppe machen sich um 13:30 Uhr auf dem Weg. Getreu dem Motto „Laufen solange es geht und gehen bis es wieder läuft“, machte ich mich auf dem Weg. Es lief auch nach 5 absolvierten Etappen rund und mit 6:26:36 war ich im Ziel.
Tag 7- Cimrmanova Etappe
Bald geschafft die letzte Etappe. Heute ist der Start von der Schule und es sind 2 Runden zu laufen. Damit alle Läufer zeitnah ins Ziel kommen starten wir zeitlich gestaffelt. Die schnellsten Läufer um 11:00 Uhr, der langsamste bereits um 6:00 Uhr. Ich starte gemeinsam mit Sarah Kortyka um 7:50 Uhr. Was für ein Tag, Dauerregen und 15 Grad. So was habe ich noch nicht erlebt. Im Wald rutschig und schlammig auf den Feldwegen kleine Seen und viel Schlamm. Es gibt auch Laufabschnitte auf Asphalt, da rollt es besser. Die erste Runde lief es bei mir besser. Eingangs der zweiten Runde kamen auch schon die 11:00 Uhr Starter angeflogen. Der schnellste Läufer hat mich am Ende der zweiten Runde sogar noch überholt. Der muss über Schlamm und Wasserpfützen geschwebt sein. Der ein oder andere durfte auch im Matsch landen, das konnte man deutlich an der Laufkleidung erkennen. In der zweiten Runde lief Sarah dann auf mich auf und sie schlug vor, dass wir gemeinsam bis zum Ziel laufen. Das war mir sehr angenehm, so war Sarah denn mein Tempomacher und wir liefen Patschnass aber glücklich mit 6:39:52 ins Ziel. Das war ein Negativrekord für diese Etappe. Bei dem Wetter war das aber auch zu erwarten.
Was noch zu berichten wäre
Für alle 7 Etappen ist es mir gelungen eine fehlende Weber-/Hahnzeit zu laufen. Der Lauf ist perfekt organisiert und der Veranstalter gibt sich sehr viel Mühe mit der Versorgung der Läufer. Trotz Corona hatte ich das Gefühl an einer normalen Laufveranstaltung teilzunehmen. Die Unterbringung im Klassenzimmer mit den Laufkollegen Michael, Ulrich und Uwe war sehr angenehm. Wir verstanden uns gut und es wurden interessante Gespräche geführt. Michael arbeitete wieder kräftig an der 100MC Halbjahresstatistik. Dieses Jahr hatte er wegen Corona noch einiges mehr zu prüfen. Alle deutschen Teilnehmer konnten die 7 Etappen durchlaufen und kamen ohne Verletzung ins Ziel.
Fazit
Ein wunderschöner aber auch anstrengender Etappenlauf mit großzügigem Zeitlimit. Die Teilnahmegebühr für die 7 Etappen beträgt 90 EURO. Für Unterbringung und Verpflegung werden 130 EURO verlangt, insgesamt damit 220 EURO. Das ist enorm günstig. Sollte jemand den Mini-MUM einplanen, das sind 3 von 7 Läufen, dann beträgt die Startgebühr 40 EURO.
Teilnehmer 2020: MUM 78 Starter; Mini-MUM 48 Starter
Ich bin nach 7 Etappen auf Platz 61 gelistet.
Nachklapp
Die Rückfahrt erfolgte nach der letzten Etappe. Duschen, einen Kleinigkeit Essen, Packen und im Regen im Auto verstauen. Der Regen hörte bald auf und die Rückfahrt war bei geringem Verkehr angenehm. Gegen 22:00 Uhr war ich dann wieder zu Hause im Hohenlohischen.